Aus der Zeitschrift HRVATSKI! 2/2024: Spezielle Themen – Posebne teme
CROADUCT
Die Brücke nach Kroatien
Most prema Hrvatskoj
Das Interview mit Karolina und Marijana befindet sich hier im Blog auf Deutsch. Vergleichen Sie die kroatische und deutsche Version dieses Interviews, indem Sie die Zeitschrift HRVATSKI 2/2024 auf der Seite 55 aufschlagen.
Karolina und Marijana sind Deutsch-Kroatinnen der zweiten Generation. Geboren und aufgewachsen in Deutschland sind sie gleichzeitig immer mit Kroatien, der Heimat ihrer Eltern, eng verbunden gewesen. Von Anbeginn leben sie mit zwei Kulturen und Sprachen. Karolina lebt in Berlin und Rab, Marijana pendelt zwischen Rovinj und Stuttgart. 2023 haben sie CROADUCT gegründet und wollen damit „Brücken bauen“ für alle, die Teil Kroatiens, der Perle am Meer, werden wollen. Lesen Sie auf den folgenden Seiten, was CROADUCT ist, wie es zur Gründung kam und was Karolina und Marijana bewegt.



Was bedeutet CROADUCT?
Karolina: Der Name setzt sich zusammen aus dem englischen (internationalen) Croatia und Viaduct, von lateinisch via „Weg“ und ductus „Führung, Leitung“, also etwa „Überführung“. Wir verstehen uns mit unserem Netzwerk als Brückenbauerinnen für alle, die zwischen zwei Ländern aktiv sind oder werden möchten.
Marijana: CROADUCT bietet allen Deutschsprachigen, die sich in Kroatien beruflich und privat eine Existenz aufbauen wollen, eine regelmäßige, interaktive Austauschplattform mit Experten an, um an konkreten Lösungen für die eigenen Projekte zu arbeiten. Die Ergebnisse fließen in unsere Wissensplattform ein. Gestartet sind wir mit den sogenannten Okto-Runden mit 8 Teilnehmern plus Experten, die online stattfinden. Künftig sollen zudem On- und Offline-Events mit Key-Note-Speakern stattfinden.
Was bedeutet CROADUCT für euch persönlich?
Karolina: Unser Netzwerk soll Menschen zusammenbringen, die gern in beiden Ländern gut und glücklich leben möchten. Damit dies bestmöglich gelingt, wollen wir durch unser Expertenwissen aus dem Netzwerk aufklären, wo die Unterschiede liegen und worauf zu achten ist, sowohl kulturell als auch hinsichtlich behördlicher und rechtlicher Aspekte.
Marijana: Wir wollen Personen mit kroatischem oder ex-jugoslawischem Hintergrund motivieren, den Mut zu fassen, nach Kroatien zurückzukehren. Ob vollständig oder nur teilweise, entscheidet jeder selbst. Ich selbst habe mich erst vorsichtig herangetastet mit dem klassischen Kauf einer Immobilie, wurde dann Unternehmerin, weil sich dies als beste Form für eine Existenz zwischen zwei Ländern für mich erwies. Je länger ich in Kroatien aktiv bin, desto attraktiver wird es für mich. Denn die Rahmenbedingungen für Unternehmer sind im Gegensatz zum weitverbreiteten Vorurteil vieler Menschen wirklich gut – und vor allem günstiger. Das verringert deutlich das Risiko, etwas zu wagen. Ich frage mich oft, weshalb nicht mehr Leute aus der „Diaspora“ den Schritt wagen. So gesehen ist CROADUCT für mich persönlich auch eine COMEBACK Initiative für unsere Diaspora, ihre Sehnsucht zu erfüllen und sich gleichzeitig mit gleichgesinnten „Deutschen“ in Kroatien zu verbinden.
Wo ist euer Hauptsitz und warum habt ihr euch für diesen Ort entschieden?
Unsere Standorte in Kroatien sind Rab und Rovinj, daher haben wir in Rijeka gegründet, quasi auf halbem Weg.
Karolina: Ich lebe in Berlin, weil es die vielseitigste Stadt Deutschlands ist. Rab ist Heimat und Rückzugsort am Meer. “sunce, more i tisina” spielen seit Kindertagen eine sehr wichtige Rolle für mich.
Marijana: Jede freie Minute verbringe ich in Rovinj, weil es für mich gefühlt das “Paradies auf Erden” ist – trotz aller Schattenseiten, sei es Bürokratie, Politik, explodierender Immobilienmarkt oder das etwas andere Verständnis von „Zuverlässigkeit“. Ansonsten bin ich ständig auf Achse zwischen Stuttgart und Rovinj.

Wie hat alles angefangen?
Karolina: Anfang Oktober 2022 erschien bei Spiegel Online ein Artikel zum “Boom-Reiseziel Kroatien”. Darin berichtete „die gebürtige Stuttgarterin mit kroatischen Wurzeln, Marijana Lovrinić, über ihre Erfahrungen als Vermieterin in Rovinj.“ Als ich den Artikel las, erkannte ich viele Elemente aus meinem Leben wieder und suchte den Kontakt zu Marijana. Bei unserem Kennenlernen haben wir sehr schnell eine Verbundenheit aufgrund unserer ähnlichen Erfahrungen gespürt.
Marijana: Wir sind beide in Süddeutschland aufgewachsen, haben dort studiert und gearbeitet. Beide haben wir unser Zuhause sowohl in Kroatien als auch in Deutschland und fühlen uns gleichermaßen zugehörig. Wir kennen seit unserer Kindheit die Besonderheiten beider Länder und beherrschen das Wechselspiel mit zwei Kulturen. Insbesondere wissen wir, wie wir unsere Kenntnisse und Werte aus Deutschland mit dem Charme Kroatiens verbinden und „elastisch“ nutzen können.
Karolina: Auch beruflich haben wir einige Gemeinsamkeiten. Wir sind im IT-Umfeld aktiv und haben sowohl in Großunternehmen als auch in Startups gearbeitet, unter anderem im Marketing, Kommunikation und Partner Management. Meist fungieren wir als Schnittstelle zwischen verschiedenen Fachdisziplinen, sodass unser Schwerpunkt auf dem Aufbau von Beziehungen, vernetzten Arbeiten und dem routinierten Umgang mit neuen Technologien wie Online-Konferenzen liegt.
Marijana: Seit 2023 sind wir mit croaduct.hr Brückenbauerinnen für alle, die dieses schöne Land am Meer zu ihrer ersten oder zweiten Heimat machen möchten.

Warum habt ihr CROADUCT gegründet? Was hat euch dazu bewogen?
Karolina: Es gibt etwa eine Million Kroaten und kroatisch-stämmige Personen in Deutschland und sehr viele sind noch immer mit ihrer Heimat verbunden. Es gibt bei sehr vielen eine unterschwellige Sehnsucht nach den familiären Wurzeln. Wir wollten den Austausch zwischen Privatpersonen aber auch Experten ermöglichen, damit sich neue Kontakte und Netze ergeben, von denen alle profitieren können.
Marijana: Wann immer ich auf Deutsch-Kroaten treffe, spüre ich eine Verbundenheit. So war es auch mit Karolina, dass wir sofort auf einer Wellenlänge waren und sofort verstanden, was uns bewegt. Auch beobachte ich, dass immer mehr mit dem Gedanken spielen, zurückzukehren, wie auch in der Sendung Explora mit Korado Korlević, in der eine der Zuschauerfragen lautete „Wie nach Kroatien zurückkehren?“ (Explora Sendung vom 30.01.2024, min 43:13, YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=2WfLrIT1nwQ).
Was ist das Besondere an euerer Geschäftsidee? Was macht euer CROADUCT Projekt besonders gut? Wie funktioniert euer Geschüftsmodell?
Karolina: Wir sind Brückenbauerinnen für alle, die in beiden Ländern leben und arbeiten möchten. In unseren Austauschrunden nehmen wir die “Moderatorinnen”-Rolle ein und sorgen dafür, dass je nach Thema mindestens ein oder eine Expertin dabei ist. Der englische Begriff „facilitator“ beschreibt es am treffendsten.
Marijana: In unseren Okto-Runden bieten wir kompaktes Wissen zu bestimmten Themen an, die als erste Orientierungshilfe dienen. Bisher war das Feedback der Teilnehmer sehr positiv, die unsere Runden als informativ, übersichtlich und kompakt bewerteten, die das Suchen nach Informationen und Rumlaufen zwischen Beratern und Behörden erspart. O-Ton einer Teilnerhmerin war “da hätte ich mit sehr viel Mühe und Zeit sparen können”.
Künftig möchten wir mit Events, Gruppenreisen wie „Entdecke deine Wurzeln“ und Retreats bzw. Workation den Wissensaustausch mit schönen gemeinsamen Erlebnissen kombinieren und das gesammelte Wissen in einer Academy bündeln.

Mitglied bei CROADUCT sein – was bedeutet das?
Karolina: Bei Croaduct finden sich interessante Personen zusammen mit kroatischem Hintergrund oder neuem Interesse an diesem Land. Die meisten sind mindestens zweisprachig und mit zwei Kulturen aufgewachsen oder leben jetzt mit beiden Ländern im Herzen.
Marijana: Croaduct ist ein kuratiertes Netzwerk auf das die Mitglieder zurückgreifen können. d.h. es werden nur Kontakte empfohlen, mit denen wir oder andere Mitglieder bereits positive Erfahrungen gemacht haben. Ansonsten haben Mitglieder Zugriff auf das gesamte kompakte Wissen nach dem Prinzip des “One-Stop-Shop”.
Auf welche Probleme seid ihr bislang gestoßen bzw. was sind eure größten Herausforderungen?
Karolina: Es zeigte sich recht schnell, dass zwar viele im Sommer den Gedanken entwickeln, in Kroatien leben zu wollen, statt nur im Urlaub dort zu sein, dann aber doch zögern. Es gibt diverse Stammtische als Informationsquelle, allerdings vor Ort. Der Personenkreis ist hinsichtlich Alter, Beruf und Lebenssituation sehr unterschiedlich und in mehreren Ländern verteilt. Ohne Online-Meetings ist es schwierig, alle miteinander ins Gespräch zu bekommen. Wir hatten gehofft, dass wir mit unseren Okto-Runden diese Lücke schließen und viele Fragen gemeinsam in der Gruppe als Entscheidungshilfe beantworten können.
Marijana: Leider mussten wir feststellen, dass die Okto-Runden sehr aufwändig in der Vorbereitung sind und die Verbindlichkeit der Teilnehmer geringer ist, wenn sie online stattfinden. Auch die Reichweite aufzubauen dauert länger als geplant. Daher werden wir künftig das kompakte Wissen zu den wichtigsten Themen in unserer Academy als aufgezeichnete Webinare on Demand zur Verfügung zu stellen und unsere Okto-Runden als Onsite-Events und Retreat bzw. Workation – Urlaube anbieten.
Was möchtet ihr unseren Lesern zum Schuss sagen?
Karolina: Folgt eurem Herzen, wartet nicht auf die Rente, um an eurem Sehnsuchtsort zu leben. Lest mein Buch “Halb zwei”, dann versteht ihr, meinen Apell. Mein Vater, gebürtig von der Insel Rab, hatte in Deutschland immer die Jahre abgezählt, bis er endlich wieder am Meer leben würde. Leider kam es dazu nicht mehr.
Marijana: Traut euch und come back. Abhauen hilft nicht, arbeit gibt es genug – vor allem mit der Kombination aus “deutscher Zuverlässigkeit” und “kroatischer Findigkeit (snalažljivost) sind wir besser. Um nochmals Korado Korlević aus seiner Sendung zu zitieren: „Geht raus, sammelt Erfahrung, lernt aus Fehlern anderer, kommt dann zurück und gründet euer eigenes Unternehmen, mit dem ihr sogar besser und konkurrenzfähiger seid“ (Zitat von Korado Korlević aus der Explora Sendung vom 30.01.2024, min 43:13, YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=2WfLrIT1nwQ).

